Finanzen und Vermögen sind Privatsache, das ist eine traditionelle deutsche Regel. Über Geld spricht man nicht, die Beratung in diesen Angelegenheiten soll so diskret wie möglich sein, und der Vermögensverwalter ist historisch eine der wichtigsten Vertrauenspersonen. Das gilt heutzutage auch noch, sonst hätte sich beispielsweise die Lehman-Pleite nicht derart negativ auf das Vertrauen der Menschen in die typischen Finanzinstitutionen und vor allem die Berater niedergeschlagen. Die Anleger wollen einen vertrauensvollen Partner an ihrer Seite, der sich um die Vermögensangelegenheiten im Sinne des Eigentümers kümmert und dabei nur dessen Nutzen in den Vordergrund stellt.
Gleichzeitig wächst ein Segment in der Finanzindustrie, das offenbar eine Alternative zur persönlichen Beratung durch Experte bietet: nämlich die Digitalisierung. Durch die rasante Entwicklung von FinTech-Lösungen (Financial-Service-Technology) gewinnen Unternehmen zunehmend Marktanteile, die ohne Banklizenz ausschließlich digitale Services beispielsweise zur Geldanlage bereitstellen. Der Unterschied zur klassischen Beratung ist offenkundig: Die Dienstleistung findet vollständig im Internet statt, von der Depoteröffnung bis hin zur konkreten Allokation der Gelder. Die Geldanlage kann dann sogar automatisiert administriert werden, Robo Advisory ist das Stichwort. Dabei ist ein Computer-System mit geringem menschlichen Zutun für die Investments zuständig und legt die Gelder ausgehend vom definierten Rendite-Risiko-Profil nach speziellen Mustern an. Und wenn ein Vermögensverwalter „aus Fleisch und Blut“ eingebunden ist, bekommt der Anleger diesen nicht zu Gesicht; Austausch, Feedback etc. sind nicht vorgesehen.
Vermögensverwaltende Fonds: kostengünstige Lösungen
Dabei macht dieser Austausch den Unterschied bei einer langfristig orientierten, strategischen Geldanlage. Einen gewissen Vermögensteil über digitale Lösungen zu einer sehr niedrigen Gebühr anlegen und dann jahrelang laufen zu lassen, ist das eine und es spricht kaum etwas dagegen, sich mit einer klaren Vorstellung an einem solchen Konzept zumindest zu versuchen – wobei beispielsweise Vermögensverwalter dafür auch schlanke Fonds-Lösungen anbieten, in denen Anlegergelder zusammengefasst nach der hauseigenen Strategie verwaltet werden, und damit dem Wunsch nach kostengünstigen Lösungen durchaus seit langem entsprechen.
Aber es spricht etwas dagegen, die gesamt Vermögensverwaltung zu digitalisieren und sich nur noch auf Algorithmen etc. zu verlassen und nicht mehr auf den persönlich vertrauten Berater. Denn nur mit diesem können Anleger strategische Ziele besprechen und die Vermögensverwaltung in die allgemeine Zukunftsplanung einbinden. Wofür wird wann Geld benötigt? Welche besonderen familiären Konstellationen gibt es zu beachten? Ist ein größerer Zu- beziehungsweise Abfluss von Assets zu einem bestimmten Zeitpunkt planbar? Diese und mehr Fragen sind für einen dauerhaften Anlageerfolg sehr wichtig – aber ein Computer-System wird einem Anleger diese Fragen nicht beantworten, und es wird ihn auch nicht auf mögliche alternative Denkmodell hinweisen, um Erfolge zu optimieren oder Opportunitäten zeitgerecht zu nutzen. Dazu gehört die Veräußerung einer fremdgenutzten Eigentumswohnung genauso wie die Übertragung des Vermögens in eine Stiftung. Das kann nur der versierte Verwalter, nicht der Computer.
Digitalisierung ist ein notwendiges Mittel, Prozesse schlanker zu strukturieren, und für einen Anleger, der nach einem bestimmten Prinzip auf den Renditeerfolg hinarbeiten will, ohne auch nur ansatzweise vermögensstrategische Fragestellungen mit einem Fachmann diskutieren zu wollen, ein womöglich probates Instrument. Doch dem, dem das Gespräch wichtig ist, kann der Computer den Berater und Sparringspartner nicht ersetzen.
Thomas Hünicke ist geschäftsführender Gesellschafter der WBS Hünicke Vermögensverwaltung GmbH aus Düsseldorf und führt die unabhängige Vermögensverwaltung gemeinsam mit Andreas Wahlen. Die Anlageprofis besitzen jahrzehntelange Kapitalmarkterfahrung und sind Experten für die individuelle Verwaltung größerer Kundenportfolios und das Management eigener vermögensverwaltender Fonds. Infos: www.wbsh-vv.de